Und sie bewegt sich doch!

Lange Zeit hat Google proklamiert, daß negatives SEO, also der Versuch Webseiten Dritter mit Hilfe von großen Mengen an Spamlinks in eine Abstrafung (v.a. Pinguin) zu drängen, unmöglich ist. Im Laufe der Zeit wurden die Aussagen vorsichtiger, aktuell wird offiziell intensiv daran gearbeitet, es zu verhindern. Selbstsicherheit klingt anders.

Was bei größeren Brands mit langer Historie, jahrelangem organischen Linkzuwachs und vielen positiven Signalen noch relativ eindeutig und einfach ist, wird bei neueren Seiten mit weniger Links schnell zum Problem.  Spamlinks lassen sich im Gegensatz zu redaktionellen Verweisen nicht dem Urheber zuordnen, sie tragen keinen Fingerabdruck mit sich, werden meist per Software automatisiert auf Seiten eingetragen, auf denen jedermann Kommentare hinterlassen, Profile erstellen oder Inhalte einpflegen kann. Nach einem kurzen, schnellen Aufstieg folgt dann unweigerlich nach wenigen Wochen oder Monaten der tiefe Fall.

Google kann nicht erkennen, ob diese Links in Sabotageabsicht von einem Wettbewerber oder vom Seitenbetreiber selbst gesetzt wurden, umso weniger, wenn dies über einen längeren Zeitraum geschieht. Wie schwer die Unterscheidung für den Suchmaschinen Riesen aus Mountainview offenbar ist, zeigt der Kommentar von Josh Bachynski auf dem bekannten SEO Portal Searchengineland:

josh

In einem Gespräch auf der SEO Konferenz SMX West vor wenigen Wochen soll Matt Cutts von Google im persönlichen Gespräch geäußert haben, daß der Pinguin Algorithmus aktuell keine Iteration erfahren kann, weil Pinguin zu anfällig für negatives SEO wäre. Auch wenn Josh sicher kein Freund von Matt Cutts ist, gerne polarisiert und sogar, wie kürzlich auf Twitter, vor Vergleichen von Google mit einem totalitären Regime nicht zurückschreckt, ein Dementi seitens Google läßt auf sich warten. Die Tatsache, daß ein eigentlich schon lange fälliges und von vielen bereits im Frühsommer 2014 heiß ersehntes Update des Pinguins ausblieb, verstärkt den Eindruck, daß die Geister die Google mit dem Pinguin rief sich eventuell nicht mehr kontrollieren lassen.

Was bedeutet das für die Praxis?  Trau, schau, wem. Negatives SEO ist zweifelsfrei illegal, aber technisch unmöglich einem konkreten Verursacher  zuzuordnen, das Risiko für den Täter geht gegen null. Die regelmäßige Kontrolle des eigenen Backlinkprofils auf Auffälligkeiten sollte daher fester Bestandteil jeder SEO Strategie sein. Auch wenn Sabotageversuche nicht verhindert werden können, kann der rechtzeitige Einsatz des Google Disavow Tools so drohenden Schaden abwenden.

Übertriebene „Linkangst“ ist verkehrt: Links sollten nie leichtfertig entwertet werden, kleine Mengen qualitativ geringwertiger und spammig wirkender Links finden sich in jedem Linkprofil und richten keinerlei Schaden an. Im Falle eines Angriffs mit Spamlinks ist eine Linkentwertung aber die einzig wirksame Gegenmaßnahme, die schnell und konsequent eingesetzt werden sollte.

Wie häufig negatives SEO vorkommt, läßt sich schwer abschätzen, v.a. da große und bekannte Brands dagegen eher immun sind und über Abstrafungen weniger bekannter Seiten nirgendwo publikumswirksam berichtet wird. Es eignet sich zudem vortrefflich als Ausrede für hausgemachte Probleme, ein Großteil aller Abstrafungen ist sicher keinem skrupellosen Mitbewerber zuzuordnen. Wenn Google deswegen weitere Updates eines Algorithmus der eine Speerspitze im Kampf gegen Webspam gebildet hat aussetzt, ist eine gewisse Wachsamkeit dennoch sicher nicht verkehrt.

Zur Überwachung eigenen sich spezialisierte Tools mit eigenen Datenbanken und Crawlern, allen voran Ahrefs und der Moz Open Site Explorer. Sie sind auch für den deutschsprachigen Bereich sehr genau, zeigen neue Links weitaus schneller an, als die nur sporadisch aktualisierten Listen aus den  Google Webmaster Tools. Beide Anbieter haben ein Rechenzentrum, daß viele kleinere Universitäten sich wünschen würden, selbst so manche vielfach teurere SEO Suite greift im Rahmen einer Kooperation auf diese Daten zurück.